Damit wird eine teils subjektive Wahrnehmung von Geräuschen ohne äußere Ursache beschrieben, ähnlich wie das leise Summen eines Radios oder das hohe Pfeifen eines Kühlschranks. Diese Geräusche können wie Fiepen, Klingeln, Klimpern oder Rauschen klingen und lassen sich nicht einfach "abschalten" oder ignorieren.

Manche kennen dieses "Phänomen" kurz bevor der Kreislauf zusammenbricht, ein sehr hoher Ton, der sich bemerkbar macht, bevor der Kreislauf einen zum Hinsetzen oder Liegen "zwingt". Oder in sehr stressigen Situationen, wenn mitten in einer langen und ansträngenden Besprechung ein dumpfer Ton im Ohr ertönt.
So oder so sind dies meist Warnsignale vom Körper, dass etwas im Moment Beachtung fordert und den geregelten Ablauf stört.

Es gibt viele Möglichkeiten, woher diese nur für einen selbst hörbaren Geräusch kommen. Eine Mittelohr-Erkrankung oder eine Verschleißerscheinung der Halswirbelsäule, Gehörgangsverschluss durch Fremdkörper oder auch Gefäßverengungen, vieles kann dies auslösen. Es ist ein Symptom einer darunterliegenden Wurzelerkrankung. Ob die Ursache nun psychisch oder physisch ist, die Ohrgeräusche können den Alltag erheblich beeinträchtigen – etwa wenn sie sich durch Stress verstärken, in ruhigen Momenten besonders laut erscheinen oder die Konzentration bei der Arbeit und das Einschlafen erschweren.

Manchmal wendet man sich erst sehr spät einem fachkundigen Arzt wie Allgemeinarzt / Hals-Nasen-Ohrenarzt zu, um von dem Leiden zu erzählen, was sich negative auf die "Heilung" auswirken kann.
Bei einem akuten neuen Tinnitus ist Schnelligkeit wichtig, damit ggf. etwas getan werden kann. Die Charité hat einen wunderbaren Tinnitusratgeber erstellt [1] .

In Bezug auf Betroffene mit dissoziativer Identitätsstruktur berichten Betroffene von folgenden Erlebnissen:

- In einem dissoziativem Zustand kann ausschließlich im inneren der Tinnitus wahrgenommen werden
- Der Tinnitus kann bei "innerer Annäherung" als Stimme wahrgenommen werden, eventuell kann dies als Kommunikation innerer Anteile verstanden werden
- Stress der nicht vom aktiven Anteil oder vom "Alltagsteam" wahrgenommen wird (aus unterschiedlichsten Gründen des bestehenden Systems) kann sich als Tinnitus äußern
- Tinnitus / Ohrgeräusche können abhängig von bestimmten Anteilen sein, manche haben ihn immer, sobald sie sich dem aktiven Bewusstsein "nähern" und manchmal nehmen andere Anteile ihn erst dann wahr, wenn sich "jemand bemerkbar" macht
- Es gibt Möglichkeiten den Tinnitus "wegzudissoziieren"
- Der Verdacht auf einen Hörsturz wurde oftmals ausgeschlossen
- Den zu bestimmenden Ton, der das Geräusch hat, ist manchmal nicht abbildbar (beim Ohrenarzt gibt es Gerätschaften um diesen zu bestimmen)
- Ein bestimmter emotionaler Zustand kann das Erleben des Tinnitus verstärken oder überhaupt "hörbar" machen
- je selektiver man die Ohrgeräusche verfolgt, desto störender werden Sie

Traumafolgestörung Tinnitus?

Auf Grund von meinen Erfahrungen von Betroffenen von Traumafolgestörung, sehe ich einen Zusammenhang zwischen Traumata und Tinnitus.
Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf erlebte traumatische Situationen. Betroffene einer pDIS/DIS haben erfahrungsgemäß häufiger mit akustischen "Phänomenen" zu tun und können durch die hohe Dissoziation-Fähigkeit ggf. die Ohrgeräusche, die ggf. eine Zeitlang ertragbar waren, abspalten.

In bestimmten Situationen oder auch bei Flashbacks können diese dann so unerträglich werden, dass sie überhaupt als "Problem" wahrgenommen werden.

Der Fokus darauf verstärkt somit das Geräusch und manchmal werden die "Wurzel"-Probleme, die ggf. für den Tinnitus verantwortlich sind (Traumafolgestörungen wie Depression, Flashbacks usw.) nicht mehr erkannt oder ggf. auch gar nicht behandelt. Manche Experten vermuten auch, dass psychische Störungen allgemein in der Vorgeschichte sehr viel häufiger zu finden sind, als ein vermeintlich plötzliches Auftreten des Tinnitus.



Was kann helfen bei (p)DIS & Tinnitus?

- körperliche Ursachen abklären (Allgemeinarzt, HNO-Arzt, ggf. Unfälle in Zusammenhang bringen)
- Geräuschliche Ablenkung (Stille vermeiden, verschiedene Musik-Genres testen wie Regen-Geräusche, Wald-Klänge, beruhigende klassische Musik, whispering solo Piano, keine emotional belastende Musik etc.)
- Das Thema in der ambulanten Gesprächstherapie unbedingt miteinbeziehen
- Selbsthilfegruppen mit Betroffenen besuchen (Nachahmung von erfolgreichen Bewältigungs-Strategien testen)
- Entspannungstrainig (Achtung beim Thema Achtsamkeit und Co. bei vielen (p)DIS Betroffenen, kann dies unerwünschte Nebeneffekte haben, sich nichts aufzwingen lassen)
- Annäherung an den Tinnitus selbst, ggf. prüfen ob dies an Anteile gekoppelt ist
- Durch ein Aufmerksamkeits-Tagebuch herausfinden, wann zu welchen Zeiten der Tinnitus sich verändert
- Hörgeräte mit Tinnitusmaskierung
- Stressreduktion, Stressreduktion, Stressreduktion!

Sofern kein Schalltrauma zuvor bestand, kann sich ein Gang zum Zahnarzt lohnen (es könnte ein Muskelspannungs-Tinnitus sein):
- Problematik beschreiben
- um eine "Beißschiene" bitten, diese wird normalerweise von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen (soweit mir bekannt ist, kann man eine im Jahr erhalten)
- die Schiene zuverlässig immer nachts tragen und - sofern möglich - immer dann, wenn die Zähne zusammengepresst werden
- Um eine manuelle Therapie bitten, dabei werden Kiefer, Muskel und Co. gezielt massiert und dies bringt große Erleichterung
- Wärmebehandlung gibt es ggf. auch bei der manuellen Therapie
- Sogenannte Tinnitus-Massagen täglich durchführen

Weitere Unterstützungsangebite finden sich auch auf der Website der gemeinnützigen Selbsthilfeorganisation gegen Tinnitus, Hörsturz und Morbus Menière: https://www.tinnitus-liga.de

Linehme

 [1] https://tinnituszentrum.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/kompetenzzentren/tinnituszentrum/Tinnitusratgeber.pdf