Da ich mich von S nicht habe vertreiben lassen, hat M grade etwas Mut gefasst und will nun seine ganze Wut gegen S richten, um diesen Kreis zu zerbrechen und ihn zu "besiegen". Daraufhin hat sich S an mich gewendet und meint, wenn das so weitergeht würden die beiden zu einer "bösen Person" verschmelzen und mich gebeten, das zu verhindern.
Ich bin komplett neu in diesem Thema und weiß einfach nicht weiter, wie ich mich in dieser Situation verhalten soll... Ich hoffe vlt auf diesem Weg einen Anhaltspunkt zu finden.
Antworten von Betroffenen der dissoziativen Identitätsstruktur:
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Hallo Melvis,
Ja, das klingt nach einer echt schwierigen Situation, ich könnte mir vorstellen, dass es dich hilflos macht oder überfordert, einen guten Freund so leiden zu sehen.
Meine Gedanken dazu: Manche Betroffene einer DIS haben sogenannte täter-imitierende Anteile, welche Einstellungen früherer Täter nachahmen. Dies kann Kindern helfen, z.B. um in einer auswegslosen Situation ein Gefühl von Kontrolle aufrechtzuerhalten. Täterimitierende Anteile sind also keine "böse Person" und müssen auch nicht "besiegt" werden, sondern sind da, um zu schützen.
Ich als Betroffener lerne gerade in einer professionellen Traumatherapie, mit diesen inneren Konflikten zwischen den Anteilen meiner Persönlichkeit besser umzugehen. Und mir hilft das sehr.
Freunde und Angehörige können Betroffene mit DIS dazu ermutigen, den Konflikt in einer Therapie zu besprechen, aber den Konflikt lösen kann niemand von außen, nur der Betroffene selbst.
Und ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich persönlich lasse mich nicht gerne in Konflikte involvieren, ob es nun zwei Innenpersonen sind oder zwei Personen im Außen. Ich sage dann, dass ich da bin, aber dazu nichts sagen kann oder möchte.
Ein weiterer Gedanke von mir ist, dass mich etwas erstaunt, dass dein Freund die Innenpersonen so direkt mit dir sprechen lässt und sie dir namentlich vorstellt, wenn ich das richtig verstanden habe? Bestimmt gibt es Gründe dafür - ich persönlich versuche, Wechsel zwischen Innenpersonen möglichst vor anderen zu verbergen.
Mir wäre die Vorstellung sogar sehr unangenehm, wenn täterimitierende Anteile sich mit meinen Freunden unterhalten. Namentlich stelle ich sie nicht einmal meiner Therapeutin vor. Aber jeder Betroffene geht natürlich ganz unterschiedlich damit um.
Ich finde ja, in einer guten Freundschaft darf man auch mal sagen, "ich bin für dich da, aber ich kann dir dabei leider nicht helfen. Aber ich möchte dich ermutigen, das in einer Therapie zu besprechen."
Liebe Grüße
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Hallo Melvis,
das ist keine schöne Situation in der du gerade steckst.
Erst wollte ich auf die beiden Anteile eingehen, aber darum geht's ja eigentlich nicht.
Ich würde empfehlen dich auf keinen Fall instrumentalisieren zu lassen . Diesen Konflikt kannst du nicht klären.
Wichtig wäre mir in dem Fall dass offen kommuniziert wird, also dass du keinem Anteil etwas verschweigst oder es Geheimnisse gibt damit das kein Angriffspunkt gegen dich werden kann.
Sollte es dann in der Freundschaft eine Zeit schwierig werden weil der Anteil dich loswerden will wäre es eine große Hilfe einfach zu bleiben.
Das ist unsere Erfahrung was hilfreich ist. Such nicht vertreiben lassen.
Alles gute für dich und deinen Freund.
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sich Hilfe zu holen, ist auf jeden Fall eine gute Idee -
sowohl für Dich als auch für Deinen Freund.
und M Mut zu machen, ist auch hilfreich,
nur mit Wut lassen sich keine Konflikte lösen und mit besiegen-wollen auch nicht.
die Wut wahrzunehmen und zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt, damit umzugehen, hat bei weitem bessere Aussichten, sich da annähern zu können:
mit wirklich passender fundierter Hilfe von außen, sind die Chancen da wesentlich aussichtsreicher.
und auch S wahrzunehmen und Mut zu machen, sich unterstützen zu lassen,
wäre ein möglicher hilfreicher Schritt; anstatt der gegenseitigen Androhungen.
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Hey,
Es ist schön, dass du dich nicht so leicht vertreiben lässt. Mit Wut wird dein Freund nichts erreichen. Ich könnte mir vorstellen, dass S einfach nicht in der Gegenwart verortet ist und denkt, dass sein Verhalten notwendig ist. Vl wäre es möglich möglichst wohlwollend zu schauen welche Aufgabe konkret der Anteil übernommen hat und welchen Sinn das für das System hat. Vl hält er ja andere Menschen auf Abstand um emotionale Verletzungen zu vermeiden. Das kennen wir zumindest von uns. Da müsste M einen Weg finden S klar zu machen, dass sein Verhalten heute nicht mehr notwendig und angebracht ist. Das geht eher über Anerkennung und Wertschätzung als über Wut und Ablehnung.
Wenn dein Freund Therapie hat würde ich ihm empfehlen seinen Konflikt dort zu klären. Du kannst als Freundin nur helfen, indem du zuhörst und da bleibst (Soweit es dir möglich ist, alles muss man sich auch nicht gefallen lassen!). Lass dich nicht zu sehr vereinnahmen. Ich würde beiden Anteilen kommunizieren, dass du gerne da bleibst, aber neutral bleibst und der Konflikt von den beiden selbstständig gelöst werden muss.
lg
weitere Antworten folgen!