Heisst Zeitverlust, dass 0% Bewusstsein darüber da ist, oder kann es auch bedeuten, dass man zwar weiß, dass man xy gemacht hat, aber eben nur grob, ohne emotionale Beteiligung und genauere Details? Und damit meine ich schon, dass sich erinnert wird. Danke und liebe Grüße

Antworten von Betroffenen der dissoziativen Identitätsstruktur:

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Wenn man weiss, dass man xy gemacht hat und das eben nicht genau oder unbeteiligt, dann glaube ich würde man von Depersonalisierung oder andere dissoziativen Symptomatik sprechen.

Wenn Zeitverlust sich bezieht auf die DIS, und im allgemeinen wird der Begriff "Zeitverlust" in diesem Zusammenhang verwendet, dann bedeutet es für mich, für uns, dass diese Zeit im eigenen Wahrnehmen überhaupt nicht existiert. Keine Lücke oder ein "es könnte Zeit vergangen sein". Sondern null bewusst. Das ist ja das knifflige an diesen Zeitverlusten Man denkt erstmal immer nur, man ist verrückt, ehe man mal irgendwann erfährt, dass es sich um Dissoziation handelt.

Beispiel aus dem real life Alltag: ich sitze in einem Cafe, setze mich auf einen Stuhl, sehe auf die Tür, die offen steht, auf der anderen Seite des Raumes. Die Bedienung ist hinten in der Küche. Es vergeht null Zeit, im sofortigen nächsten Moment ist sowohl die Bedienung ganz woanders und die Tür ist zu. Das kann natürlich nicht sein. Für den Weg zur Tür, das wegschieben des Türstopperklotzes und den Weg von Küche zu Tür und wieder zurück nach ganz woanders im Raum kann nicht in einer tausendstel Sekunde passiert sein Es gibt erheblich kompliziertere Vorgänge und vor allem auch viel längere Zeitabschnitte, die komplett fehlen; dass man einen Zeitverlust hat, merkt man selbst natürlich gar nicht. Estmal. Es sei denn, es hat sich in der Zwischenzeit etwas verändert, was schlicht nicht sein kann.

Liebe Grüße

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Hallo Healing Soul,

ich kenne beides und würde auch beides als "Zeitverlust" betiteln.
Manchmal ist es so, dass ich mich zu einer bestimmten Zeit an den Schreibtisch setze, dann um mich zu vergewissern noch einmal auf die Uhr blicke und plötzlich ist es paar Stunden später. Und da ich weiß, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ich vier Stunden regungslos auf einem Stuhl verbracht habe weiß ich, dass da wohl was anderes passiert sein muss. Oder ich räume auf wie eine Blöde, mach den geordneten Kasten zu, mach ihn wieder auf und es sieht drinnen wieder aus wie Sau. Das kann so ja auch nicht sein.
Aber, es ist auch immer wieder so, dass ich plötzlich wo bin und dann aber Schritt für Schritt nachvollziehen kann, wie ich da wohl hergekommen bin und was davor passiert ist, also so ungefähr, auch wenn ich das selbst nicht war. Oder ich weiß oft, dass ich an einen bestimmten Ort gegangen bin und dort war, aber was genau dort passiert ist, weiß ich nicht. Das passiert mir häufiger, seit ich bewusster bin und wir mehr voneinander mitbekommen. Manchmal betrifft es auch nur kurze Zeitabschnitte. Ich weiß, dass ich mich wohl gestritten hab, weil die Stimmung mies ist und ich davor auch wütend war, aber der Streit an sich ist mir nicht in Erinnerung. Vielleicht hab ich den Streit auch cobewusst mitbekommen, aber nicht konkret, worum es genau ging. Oder ich kann mich an ein Gespräch in der Therapie erinnern, das vielleicht zehn Minuten gedauert hat, aber den Rest der Sitzung erinnere ich nicht.
Ich bin zwar nicht 100% sicher, aber ich bilde mir ein, dass bei diesen SKID Fragebögen (hier auf der Seite ist auch ein kurzer verlinkt) auch bei manchen Punkten als Erklärung stand, dass eben auch Teile bzw. Elemente einer Zeitspanne nicht erinnert werden (ich weiß den genauen Wortlaut jetzt nicht, vielleicht findest du da ja etwas dazu).

Liebe Grüße

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Hier gibt es ab und zu wache Momente, wo wir da sind und wahrnehmen. Die sind im Laufe der Jahre weniger geworden, so wurde unser Leben irgendwie schwerer, es kommt uns vor als wäre Lebenszeit gestohlen worden. Der Alltag ist so schwer zu bewältigen, immer wieder Dissoziation, die Therapeutin meint wir dissozieren sehr schnell. Es gibt auch selten etwas, woran wir uns erinnern. Alles Lücken und Löcher die nicht zu füllen sind.

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Für mich sind Zeitverluste ausschließlich sogenannte "Blackouts", wo die Erinnerung komplett fehlt/aussetzt; durch Identitätswechsel. Da, wo eben Zeiten komplett fehlen. Denn wenn man "nur" Zeiten "unbeteiligt erinnert", dann ist das kein Zeitverlust mehr im Sinne einer Amnesie - Amnesie setzt Erinnerungsverlust voraus, das wird in der Fachliteratur eindeutig beschrieben. Also Zeiten, wenn man xy macht, die Erinnerung daran aber komplett fehlt und man dann irgendwo anders wieder "zu sich kommt". Wenn "Zeitverluste" "nur" dadurch "entstehen", dass die Erinnerung vage, emotional oder bewusstseinsmäßig unbeteiligt wird, dann ist das - laut Fachliteratur und per Definition - kein Zeitverlust, sondern es handelt sich lediglich um Depersonalisationserscheinungen bzw. Derealisationserscheinungen, die Kennzeichen aller kPTBS-Störungen sind. Erhebliche Zeitverluste (im Sinne von Alltagsamnesien) in Verbindung mit einhergehenden Identitätswechseln (Amnesien, auch größere, gibt es ja auch z.B. sehr ausgeprägt bei DESNOS ohne DIS) sind zwingende Kriterien für die DIS-Diagnose-Stellung:


- C-Kriterien: Anzeichen für das Vorhandensein vollständig abgespaltener Selbstzustände
> Wiederholte Amnesien für das eigene Verhalten: Es besteht ein lückenhaftes Zeiterleben mit Erinnerungslücken von zwei Stunden oder mehr. Betroffene „kommen zu sich“ und sind dabei eine Handlung auszuführen, ohne sich bewusst gewesen zu sein, dieses zu tun. Es kann auch zu Fugues kommen: plötzliche und unerwartete Ortswechsel ohne dies bewusst entschieden zu haben und ohne sich an die Reise erinnern zu können.
> Rückmeldung von anderen über nicht erinnerbares Verhalten: Vertrauenswürdige Personen aus dem Umfeld berichten einem von eigenem Verhalten, an das man sich nicht erinnern kann. Es besteht vollständige Amnesie für dieses Verhalten.
> Vorfinden von „fremden“ Dingen in seinem Besitz: Man findet Dinge in seinem Besitz, an dessen Erwerb man sich nicht erinnern kann.
> Eigene Notizen oder Zeichnungen, an dessen Anfertigung man sich nicht erinnern kann: Betroffene finden Notizen oder Zeichnungen in ihrem Besitz, die sie selbst angefertigt haben müssen, an dessen Anfertigung sie sich jedoch nicht erinnern können.
> Hinweise von kürzlich ausgeführten Handlungen, an die man sich nicht erinnern kann: Man findet Hinweise von kürzlich ausgeführten Handlungen (z.B. andere Kleider tragen, eine Mahlzeit beendet haben), kann sich jedoch an die Handlungen nicht erinnern.
> Entdecken von Selbstverletzungen oder Suizidversuchen, an die man sich nicht erinnern kann: Betroffene entdecken Selbstverletzungen oder gar Suizidversuche, können sich jedoch nicht an deren Ausführung erinnern.
> Vorhandensein voll-dissoziierter Selbstzustände: In der Untersuchungssituation (z.B. im Therapie-Gespräch) tritt eine voll-dissoziierter Selbstzustand auf, der angibt, nicht die zu untersuchende Primärperson zu sein. Anschließend besteht eine Amnesie der Primärperson.

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Zeitverlust bedeutet für mich auch, dass die Erinnerung komplett fehlt. Durch die verbesserte Zusammenarbeit, erfahre ich hinterher manchmal was gemacht wurde.
Teilweise gibt es auch Rückmeldungen von Außen, wo ich darauf hingewiesen werde das wir doch über Thema xy gesprochen hätten oder telefoniert, etc.
Es kommt auch vor, dass ich mich im einen Moment noch Zuhause befinde und dan plötzlich ganz woanders bin. Oder mit einem bestimmten Ziel loslaufe (Arzttermin) und Stunden später mit Einkäufen ganz woanders bin und erst einmal gar nicht weis wo und mich neu orientieren muss.

weitere Antworten folgen!

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