Antworten von Betroffenen der dissoziativen Identitätsstruktur:
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Hallo,
also wie "man das macht" wissen wir auch nicht. Wir kennen das als Idee nur aus Romanen und ob das wirklich geht, wissen wir auch nicht. Das hängt vermutlich vom jeweiligen System ab, so wie alles andere auch.
Was wir kennen, ist, dass in Krisenzeiten schnell zum Mittel der Dissoziation/Abspaltung gegriffen wird, also dass das Gehirn das als Problemlösungsmittel gelernt hat und schnell einsetzt. Da ist es natürlich auch denkbar, dass man diesen Vorgang bewußt steuern lernt und das auch vielleicht einsetzen lernen kann zum Schaffen weiterer Anteile. Die Frage ist: Ist das wirklich hilfreich und heilsam für das ganze System? Was will man damit erreichen?
Für uns gilt: In erneut großer Not würde es das Gehirn automatisch machen und wenn keine akut große Not besteht, ist unser Bestreben eher, dass die bereits vorhandenen Anteile besser miteinander und mit sich und mit der Umwelt klarkommen und da wäre das Schaffen neuer Anteile eher kontraproduktiv.
Manche von uns hatten sich das mal vor ein paar Jahren überlegt als wir schlimm in einer Krise waren und völlig überfordert, ob es nicht "praktisch" wäre, jemanden zu schaffen, der mit der Vergangenheit gar nix zu tun hat und so ne Vermittlerrolle übernehmen könnte. Aber das wurde nicht weiter verfolgt, weil es sich irgendwie nicht richtig anfühlte..
Was wir dagegen als hilfreich kennen, ist das Schaffen von imaginären inneren Personen mit Hilfe von Fantasie und Vorstellungskraft, also helfenden Personen / Wesen wie "innere Therapeuten" oder ähnliches .
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Es gibt leider viele Leute online, die sehr viel Quatsch zur DIS behaupten.
Ich hab nun leider keine Quelle, es ist aber soweit ich weiß ein bisschen umstritten, ob wirklich komplett neue Anteile angeteilt werden können im Erwachsenenalter. Ich hab schon gehört, dass wohl einige Fachleute sagen, es handle sich dann immer um einen Anteil, der schon irgendwie da war, aber nicht aktiv.
Sonst habe ich häufig davon gelesen, dass es durchaus möglich ist, allerdings nur, wenn es auch notwendig ist d.h. wenn eine aktuelle (Hoch)stresssituation von keinem Anteil integriert werden kann, sodass sich ein neues Fragment mit entsprechenden Fähigkeiten abtrennt und dann ggf zu einem voll(er) ausgeprägten Anteil werden kann, wenn es weiterhin benötigt wird und Erfahrungen sammeln kann/muss.
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Also ich bin der Meinung, man sollte seine Quellen im Internet sehr gut prüfen, denn wie hier schon richtig gesagt wurde, es wird sehr viel Quatsch behauptet. Vermutlich ist das der Faszination DIS geschuldet oder warum auch immer. Es gibt ja genug Gründe, weshalb jemand sowas behauptet.
Da kommt man aber nur durcheinander, also würde ich versuchen bei dir selbst zu bleiben und dir einfach etwas Zeit zu geben, eigene Erfahrungen zu machen. Mich würde interessieren, ob und inwieweit das für dich wichtig bzw. relevant ist?
Zum Thema Medienkompetenz: Facebook und Instagram gehören meines Erachtens nicht zu den Orten, wo man einfach ungeprüft Informationen aufnehmen sollte. Vielleicht hast du die Möglichkeit dich stattdessen lieber an eine Beratungsstelle zu wenden, die sich damit auskennt und die dir vielleicht ein paar Fragen beantworten können?
Und den Film, wo „man sich ein Alter erschafft“ den habe ich auch gesehen. Der war nicht besonders gut.
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Hallo,
jedes DIS-System ist anders, bei mir hat es lange gedauert bis die Kommunikation so gut war, dass ich mehr über unser System erfahren habe. Es gibt bei mir durchaus Anteile die einen Namen haben und sagen wie alt sie sind, das sind aber eigentlich immer Anteile die schon recht früh entstanden sind.
Ich kann mir nicht vorstellen das jemand absichtlich neue Anteile erschaffen kann.
Es ist durchaus möglich das schon vorhandende Anteile neue Aufgaben übernehmen. Teilweise habe ich mit Hilfe einer Therapeutin Anteilen die destruktiv waren, eine neue Aufgabe geben können, so das diese Anteile heute eine Hilfe sind. Das war aber ein Prozess und nur mit Hilfe der Therapeutin möglich.
Für mich ist das Ziel die Kommunikation zu stärken, ich wüsste nicht wozu es Sinn machen sollte neue Anteile zu erschaffen.
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jein
es kommt drauf an, welche Bedeutung das Wort "Anteile" in seinem eigenen System hat;
und ob es schon Bewußtsein für die unterschiedlichen eigenen "Anteile" gibt;
und ob es schon Co-Bewußtsein gibt;
und ob es schon möglich ist, im innen zu kommunizieren;
und ob es schon machbar ist, daß "Anteile" in der Gegenwart bleiben können (also sowohl zeitlich als auch räumlich als auch körperlich) und gleichzeitig verhandeln und kooperieren können; und ...
Bei uns haben schon vorhandende Anteile neue Aufgaben übernehmen können.
Wir haben das Bild, daß "Anteile" praktisch neuronale Netzwerke in Gehirn&Körper sind, die "selbständig" agieren, nicht miteinander verbunden sind (oder nur teilweise, fallweise), und die einen "Anteile" können sich nicht erinnern (oder nur teilweise, fallweise), was die anderen "Anteile" tun.
Und wir haben auch das Bild, daß "Anteile" bzw. neuronale Netzwerke lernfähig sind (unter bestimmten Voraussetzungen) und daß diese wieder miteinander verbindbar sind (unter bestimmten Voraussetzungen).
Ob man das, was man umgelernt hat, neu-dazugelernt hat bzw. wiederverbinden konnte, dann als "weitere Anteile erschaffen" nennen mag,
das könnten wir so benennen oder andere Beschreibungen dafür finden.
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Wir haben viele Anteile, die einen Namen haben und inzwischen können wir auch ihre Funktion gut umschreiben oder erläutern, wie und wann sie entstanden sind. Es gibt auch nach viel vor Anteile, die zwar agieren, aber nicht "erfasst" werden wollen - das nehmen wir so, wie es eben ist.
Dass jetzt noch neue Anteile dazukommen, halten wir nahezu für ausgeschlossen. Sicher gibt es Anteile, die sich erst z.B. im sicheren Rahmen der Therapie raustrauen, die sind aber nicht neu.
Was wir kennen, ist: Helferanteile zu imaginieren und nach Innen zur Unterstützung zu holen. Diese Anteile tauchen dann auch tatsächlich in unserer Aufstellung über das innere Netzwerk auf, aber sie sind von uns geschaffen, um uns zu unterstützen.
Was wir auch kennen, ist: dass bestimmten Anteilen nach Bearbeitung ihrer Geschichte, eine neue Aufgabe zugewiesen wird.
Unsere Anteile sind alle in frühster Kindheit entstanden, weil wir damals keine andere Strategie verfolgen konnten und Dinge nicht einsortieren konnten. Um unser Überleben zu sichern, haben wir uns gespalten, damit ein Weiterleben überhaupt möglich war. Jetzt sind wir "groß" und "erwachsen" , wir können Dinge reflektieren und einsortieren. Wir können uns kompetente Hilfe holen und denken, dass es auch nicht mehr möglich wäre, uns gezielt noch weiter aufzuspalten. Dazu ist unser Gehirn wohl inzwischen zu weit entwickelt.
Liebe Grüße
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Also absichtlich kann ich mir nicht vorstellen, dass das klappt. Das klingt eher nach Wunschvorstellung für mich, wäre aber zugegebenermaßen sehr praktisch, wenn dann alles auch noch koordiniert und harmonisch abläuft *:).. wir können das jedenfalls nicht. Es gibt hier aber auch kein Interesse daran, es macht ja eher Sinn näher zusammenzuwachsen und nicht noch mehr zu spalten.
Was wir schon kennen, dass in Krisenzeiten Anteile auftauchen, die nach der Krise wieder verschwinden. Da haben wir auch schon erlebt, dass ein Anteil gekommen ist, um eine Tätigkeit auszuführen und dann irgendwie wieder verschwunden ist. Wie das ging und ob das ein alter Anteil war, der einfach kurz "sichtbar" wurde, oder ob es tatsächlich ein neuer war weiß ich nicht. Ich dachte bisher, dass ich selbst ein Anteil bin, der relativ neu ins System gekommen ist. Im Laufe der Therapie hab ich aber bemerkt, dass ich Orte kenne, die andere hier auch kennen. Das heißt vielleicht war ich als Kind doch schonmal in diesem Körper aber dazwischen dann nicht mehr.. keine Ahnung. Liebe Grüße
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